Es gibt viele "Tests" des Kuga PHEV auf YouTube, doch die meisten Rezensenten kommen über abgelesene Datenblätter, "wie sieht er aus" und "wieviel Platz bieten die Sitze" nicht hinaus. Also hier mein ganz persönlicher Praxisbericht nach 1.000 km Kuga PHEV.
Motor & Getriebe
Ein Grund, mich für den Kuga zu entscheiden, war das Motorkonzept des 2,5 l Duratec. Ein Saugmotor mit richtig Hubraum statt einem hochgenudelten 1,3 L Turbo mit einem Verdichtungsverhältnis von 12,3:1. Ich hatte darauf gehofft, dass sich der Power der E-Maschine von unten heraus und der bei höherer Drehzahl leistungsstarke Verbrenner gut ergänzen und wurde nicht enttäuscht. Als Hybrid, also mit beiden Antriebsarten parallel, zieht der Kuga in allen Fahrsituationen mit ordentlich Power ab. Manchmal hat man sogar den Eindruck, das Auto könnte mehr Leistung haben, als die angegebene Systemleistung von 225 PS. E-Motor und 2,5 L Duratec ergänzen sich perfekt. Im Fahrbetrieb tritt weder bei langsamer Fahrt noch bei zügiger Beschleunigung ein Ruckeln auf, wenn sich der Verbrenner zuschaltet. Großes Lob an Ford für die Abstimmung des Antriebs!
Das CVT ist in vielen Reviews gescholten worden, aber die Kritik (lautes Motorheulen, Gummibandeffekt) kann ich nicht bestätigen. Ja, ein CVT fährt sich anders als eine Wandlerautomatik oder ein DSG, aber ich habe mich - als CVT Neuling - schnell daran gewöhnt und finde die Leistungsentfaltung angenehm. Bei starker Beschleunigung dreht der Motor schnell hoch und das CVT regelt quasi über das Drehmoment die Kraftentfaltung. Ich denke, wer unvoreingenommen an das CVT des Kuga herangeht, wird wenig zum Kritisieren finden.
Laden
Da sind wir bei einer Schwäche des Kuga PHEV. Nein, das Laden an sich klappt prima und die Kommunikation des Autos mit Ladesäulen war bisher völlig problemlos. Nur die Ladeleistung über den Typ2-Stecker ist mit 3,7 kw/h sehr niedrig oder anders gesagt: Wenn man unterwegs mal schnell etwas Power nachladen will, muss man lange an der Säule stehen bleiben.
Reichweite
Ford gibt die elektrische Reichweite mit bis zu 56 Kilometer an, diesen Wert habe ich in der Praxis stets übertroffen. Natürlich, auf der Autobahn mit Tempo 130 km/h ist die Reichweite geringer, aber im Mischbetrieb auf Landstraßen und Ortsdurchfahrten schaffe ich locker 60 km und mehr. Dabei sind mir zwei Dinge aufgefallen. Erstens rekuperiert der Kuga sehr gut, was die elektrische Reichweite spürbar erhöht, zweitens ist der Stromverbrauch mit 18 bis 19 kw/h für einen Hybrid sehr gering. Dadurch ergibt sich oft eine prognostizierte Reichweite, die über dem Normwert von Ford liegt.
Plug-in Hybride werden ja gerne von "echten" E-Auto Fahrern als "pseudo-ökologisch" verunglimpft und in einigen Fällen mag das auch zutreffen. Den Kuga trifft diese Kritik nicht, denn er geht mit der Energie effizienter um, als viele E-Autos.
Fahreigenschaften
Dass der Kuga mit knapp 1.900 kg Leergewicht ein schweres Auto ist, kann er im Fahrbetrieb nicht verstecken. Bei der Beschleunigung merkt man das Gewicht weniger als beim Bremsen oder in flott angesteuerten Landstraßenkurven. Bei letzteren untersteuert der Kuga spürbar, bleibt aber immer gut beherrschbar. Das ESP greift nicht zu früh ein, sodass die Fahrfreude nicht in jeder flotten Kurve elektronisch kastriert wird. Die Bremsen des Kuga beißen ordentlich, können das Gewicht des Autos aber nicht verhehlen.
Klimaanlage
Die kühlt den Innenraum gewaltig. Zwei Punkte gefallen mir besonders gut. Die Leistung des Gebläses lässt sich in drei Stufen verstellen, ohne dass man vom Automatik- in den manuellen Modus wechseln muss. Ein Highlight ist die Möglichkeit, die Klimaanlage über die Fernstartfunktion anzuschalten, bevor man ins Auto steigt. Das ist ein geiles Feature, dass selbst viele doppelt so teure Autos nicht bieten.
Cockpit und Instrumente
Das digitale Display der ST-Line ist auch bei starker Sonneneinstrahlung gut ablesbar und spiegelt nicht. Die Informationen sind übersichtlich und - weil das Display nicht mit Einblendungen überladen ist - auch schnell und intuitiv erfassbar.
Auch das SYNC3 Display lässt sich bei starker Sonne problemlos und frei von Spiegelungen ablesen. Die Menüführung ist einfach und logisch, die Bedienung entsprechend intuitiv und unaufgeregt. Das Vorhandensein von Drehreglern für Lautstärke, Senderwahl und Klimaanlage sehe ich als Vorteil gegenüber den reinen Touchdisplays von VW, Audi und Konsorten. Bei Anzeige der Navigationskarte dient der Knopf der Senderwahl zum Einstellen des Zoom-Faktors. Klasse!
Fahrassistenz & Verkehrschilderkennung
Ich fahre grundsätzlich nur mit dem Tempomat in der Grundversion, nutze den automatischen Abstandstempomaten nicht. (Weil mir auf den Keks geht, dass das Auto stark abbremst, wenn jemand mit Geschwindigkeitsüberschuss vor mir einschert.) Der Tempomat ist gut handhabbar. Die GPS- Geschwindigkeit meines Kuga liegt bis 70 km/h zwei Stundenkilometer unter dem angezeigten Wert, darüber sind es drei Stundenkilometer.
Die Verkehrsschilderkennung ist überraschend gut, die Fehlerquote liegt nahe Null. Auch in Frankreich und Luxemburg werden die Schilder zuverlässig erkannt. Dunkelheit und Lichtreflektionen bringen die Verkehrsschilderkennung nicht aus dem Konzept. Top!
Der Spurhalteassistent ist für mich kein Hit, er greift zu spät aber dann mit zu starkem Gegenlenken ein. Innerorts und auf schlecht ausgebauten Landstraßen wird der Spurverlauf meistens überhaupt nicht erkannt. Den Spurhalteassistent kann man meiner Meinung nach nur in wenigen Situationen sinnvoll nutzen. Ich schalte ihn inzwischen beim Losfahren ab (Druck auf den Knopf am Ende des Blinkerhebels).
Adaptives LED Licht / Fernlichtassistent
Die beiden habe ich schon in einem anderen Posting gelobt und muss es wieder tun. Die Ausleuchtung der Straße ist innerorts und außerorts ausgezeichnet und die Scheinwerfer passen sich den Fahrbedingungen blitzartig an. Es ist mit dem Kuga problemlos möglich, dem Fernlichtassistenen die Kontrolle zu überlassen. Bei entgegenkommendem und vorausfahrendem Verkehr bleibt das Fernlicht an und der Lichtkegel wird quasi um die Fahrzeuge herumgeleitet.
Dass der Fernlichtassistent funktioniert, hätte ich vorher nicht geglaubt und schon überhaupt nicht für möglich gehalten, dass er so gut funktioniert. Tatsächlich musste ich noch nie manuell eingreifen.
Beim Einfahren in einen Tunnel aktiviert der Kuga das Abblendlicht sofort und lässt es etwa noch 20 Sekunden an, wenn man den Tunnel verlassen hat.
Scheinwerferreinigungsanlage
Da hat es viel böses Blut gegeben, weil die bei Ford bestellten (und bezahlten) SRA bei den meisten Kuga nicht verbaut wurden. Die gute Nachricht lautet: Man braucht die SRA überhaupt nicht. Von den langgestrecken, flachen Scheinwerferabdeckungen wird der Dreck durch den Fahrwind gut entfernt. Das klappt bei trockenem Staub und Regen sehr gut, dürfte also auch im Winter keine Probleme geben.
Audio System
Ich liebe laute Rockmusik beim Autofahren! Das B&O Sound System hat mich überzeugt, der Klang ist ausgewogen, dezent Bass-lastig und bei Bedarf kann man aus dem Kuga 'ne rollende Konzerthalle machen. Die 575 Watt nehme ich dem System ohne Zögern ab. Verzerrungen und Scheppern im Innenraum treten selbst bei sehr hohen Lautstärken nicht auf. (Hardcore Test, farblich passend zum Auto: Back in Black von AC/DC )
Ein Equalizer ist nicht verbaut, man kann nur Bässe, Höhen und Mitten verstellen. Besser wird der Klang nach meiner Erfahrung dadurch nicht; die Voreinstellung sollte für die meisten Musikstile passen.
Die Empfangsqualität des FM und des DAB Radios sind sehr gut und die Bedienung über das SYNC3 ist selbsterklärend. Negativ ist anzumerken, dass sich das SYNC3 beharrlich weigert, Platten-Cover anzuzeigen. Technisch sind meine MP3-Dateien korrekt, andere Fahrzeuge zeigen die Cover an. Hoffentlich behebt ein Update das Problem.
Der USB-Stick im Slot bei der Handy-Ablage wird im Betrieb sehr heiß. Bisher lebt der Stick noch, aber die Temperatur ist nach ein, zwei Stunden sehr hoch. Bin gespannt, wie lange das gut geht...